Verbreitung und Lebensräume der Waldeidechse

Feb 6, 2006 by     Posted under: Reptil des Jahres 2006: Die Waldeidechse

Verbreitung

Verbreitung der Waldeidechse weltweit

Verbreitung der Waldeidechse weltweit

Unter den landlebenden Reptilien schlägt die Waldeidechse mit der Größe ihres Verbreitungsgebietes alle Rekorde! Über mehr als 11000 km erstreckt sich ihr Areal von Irland im Westen bis auf die Inseln Sachalin und Hokkaido im Osten. Von Süd-Bulgarien und der italienischen Poebene ist sie nach Norden bis an die Küsten des Eismeeres und der Barents-See verbreitet (3100 km). Kein anderes Reptil dringt so weit nach Norden vor – es ist zweifellos eine Erfolgsart!

Verbreitung der Waldeidechse in Deutschland

Verbreitung der Waldeidechse in Deutschland

Deutschland wird fast flächendeckend von der Waldeidechse besiedelt. Die Art fehlt nur in den Marschgebieten an der Nordsee und in stark landwirtschaftlich geprägten Regionen, etwa der Magdeburger Börde.

 

Lebensräume

Die Eidechse der Wälder, Moore und Berge

Insgesamt mag es die Waldeidechse etwas feuchter und kühler als ihre einheimischen Verwandten. Sie ist vor allem an Waldrändern und auf Waldlichtungen im Gestrüpp anzutreffen, nicht selten auch in „naturnahen“ Gärten und ähnlichen Strukturen. Waldeidechsen sind aber auch typische Bewohner sumpfiger und mooriger Lebensräume und besiedeln unsere Mittelgebirge ebenso wie die Alpen oberhalb der Baumgrenze.

Strukturreicher Lebensraum in der Heide

Strukturreicher Lebensraum in der Heide

Der deutsche Trivialname bezieht sich auf den bevorzugten Lebensraum dieser Art. In Norddeutschland sind dies überwiegend Waldgebiete und Moore – hier ist der Name Waldeidechse, regional auch Mooreidechse, gebräuchlich. Im Süden Deutschlands wird sie dagegen Bergeidechse genannt – wieder ihrem hauptsächlichen Lebensraum entsprechend. Eine große Vielfalt von mitteleuropäischen Lebensraumtypen wird von der Waldeidech­se besiedelt, ein Teil von ihnen in hoher Dichte. Im Einzelnen können genannt werden:

  • Wälder mit gut entwickelten Rändern, Schneisen, jungen Schonungen und Lichtun­gen (Windwurfflächen, Kahlschläge); sowohl lichte Laub- und Mischwälder als auch lichte Nadelwälder werden besiedelt. Hochmoore mit ihren Randbereichen sowie trockengelegte bzw. entwässerte Moor­komplexe, die der Torfabbau übrig gelassen hat.
Moorhabitat

Moorhabitat

  • Küsten- und Binnendünen mit feuchten Zwergstrauchheiden und Magerrasen.
  • Linienförmige Strukturen, z. B. Heckensysteme, Wegraine, Gleisanlagen und Bahn­dämme, Gewässerufer (See- und Weiherufer mit Binsen- und/oder Schilfröhrichten, Ufer von Feldsöllen), Straßen- und Wegböschungen und Straßenbankette, Stromlei­tungstrassen, unverputzte Trockenmauern und Lesesteinwälle.
  • Abgrabungen, z. B. ältere begraste und teilweise verbuschte Steinbrüche, Sand- und Tongruben, Ruderal- und Brach­flächen, reich strukturierte Gärten.
  • Im Gebirge sonnenexponierte felsige und steinige Le­bensräume (Blockhalden, Schotterkegel) in halboffenen, bebuschten und nur von wenigen Bäumen bestandenen Flächen.
  • Magere, wenig gedüngte und extensiv genutzte Berg­wiesen und -weiden.

Kleinlebensräume und ihre Funktion für Waldeidechsen

Wichtig in allen Lebensräumen ist eine hohe Bodenbedeckung mit niedriger krautiger Vegetation, vor allem Gräsern, die von sonnenexponierten Kleinstrukturen (Totholz, Steinhaufen, Weidepfähle u. a.) durchsetzt ist. Dabei sind Magerstandorte besser ge­eignet als mit Hochstauden zugewachsene Flächen. Überdüngte Böden als Untergrund sind deshalb weniger geeignet, dort wachsen Freiflächen schneller zu und werden nach anfänglicher Besiedlung eher wieder verlassen. Magerstandorte werden dagegen lang­fristiger besiedelt. Günstig sind auch vegetationsarme Schottertrassen von Bahnlinien, in denen das Hohlraumsystem zwischen den Steinen Versteckplätze bietet.
Ein wichtiger Faktor ist auch eine gute Bodenfeuchtigkeit, da die Art im Gegensatz etwa zur Zauneidechse ihren Wasserhaushalt vor allem durch Aufsuchen feuchter Kleinle­bensräume reguliert. Die Lebensräume einer Waldeidechsenpopulation müssen allen wesentlichen Ansprüchen der Tiere im Laufe eines Jahres genügen. Hierzu sind erforderlich:

  • Sonnenplätze: Waldeidechsen sind wie alle Reptilien von der Umgebungstemperatur abhängige, wechselwarme Wirbeltiere, die ihre notwendige Körperwärme vorwiegend durch Strahlungsaufnahme erlangen. Bedeutung haben Totholzhaufen, Baumstubben, Weidepfähle, Baumrinden lebender Bäume (die Art klettert hin und wieder), Steinhau­fen und -wälle, unverputzte Mauern, Schotterkörper von Bahntrassen, im Frühjahr auch niederliegende vorjährige, abgestorbene Vegetationsteile, z. B. die trockenen Wedel des Adlerfarns oder Bestände des Land­reitgrases.
  • Versteckplätze: Dichte Grasbulten und Farnbestände, Flächen mit Glocken- und Besenheide, Totholz und Hohlraumsysteme z. B. in Schotterkörpern von Bahntrassen, Steinhaufen, unverputzte Mauern, verlassene Kleinsäugerbauten, bodennahe Baumhöhlen, Wurzelkörper umgestürzter Bäume und andere Strukturen dienen bei Gefahr als Deckung sowie der Tempera­tur- und Feuchteregulation.
  • Streifgebiete: Dichte Grasfluren (Pfeifengras, Drahtschmiele, Landreitgras u. a.), durch­setzt von sonnenexponierten Stellen mit Totholz u. ä., dienen als Streifgebiete, um nach Beutetieren zu suchen und im Frühjahr nach Paarungspartnern.
  • Winterquartiere: Waldeidechsen überwintern unter dichten Moospolstern, in Torfresten oder -dämmen, in verlassenen Kleinsäugerbauten, vermutlich auch in Steinhaufen und Felshöhlen. Dabei wird ziemlich flach überwintert, oft nur wenige Zentimeter tief. Dies können die Tiere, weil sie im Winter sehr kälteresistent sind.
  • Ausbreitung: Diese geschieht vorwiegend über abwandernde Jungtiere, dabei werden z. T. auch Lebensräume durchwandert, die als Aufenthaltsorte für ältere Tiere weniger geeignet sind (z. B. intensiver genutzte Grünlandflächen). Daneben dürften linienartige Strukturen wichtig sein, wie Grabenböschungen, Hecken u. a.
Skizze eines strukturreichen Waldrandes

Skizze eines strukturreichen Waldrandes

Die Mindestgröße von Waldeidechsen-Lebensräumen ist u. a. abhängig von der Um­gebung und den Besonnungsverhältnissen. Eine Größe von 1000-2000 m2 kann im Of­fenland wahrscheinlich als unterer Flächenbedarf für stabile Populationen angesehen werden. Innerhalb von Wäldern dürften aber größere Flächen (mehrere Tausend Qua­dratmeter) erforderlich sein. An Waldrändern sollten linienartige Biotope einige Meter breit und zumindest 100-200 Meter lang sein.

 

 

 

 

Textquelle: Aktionsbroschüre 2006: Die Waldeidechse (download)

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